Work Hard, Recover Hard – Was Büroathleten von Spitzensportlern lernen können (Teil 1)

8 bis 9 Stunden am Tag, 5mal die Woche Höchstleistungen am Arbeitsplatz bringen. Hinzu kommen Sport, Alltagsverpflichtungen und der Anspruch ein guter Vater/Mutter/Freund/Freundin zu sein. All diese Dinge bedeuten unabhängig von der individuellen Wahrnehmung (positiv/negativ) zunächst einmal eine Belastung für den menschlichen Organismus des Büroarbeiters. „Belastung“ inkludiert hier keine Wertung, da das zentrale Nervensystem durch sowohl positiv wahrgenommene Herausforderungen (z.B. Alles beim Sport aus sich rausholen) als auch eher negativ interpretierte Situationen (z.B. das Streitgespräch mit einem Kollegen) nicht differenziert. Jede mentale und physische Belastung fließt in einen Topf, das Belastungsreservoir.

Vergleichen wir die Belastungsexpositon einmal mit derer von Spitzensportlern. Bundesliga-Fußballer bspw. trainieren etwa  6 Trainingseinheiten à 1 bis 1,5h pro Woche. Dazu kommt ein Spiel. In Summe liegen wir also etwa bei 10h Belastung. Hinzu kommen Reisezeiten, Teambesprechungen, usw. Alltagsverpflichtungen werden den Profis weitestgehend abgenommen. Stellt man sich dieses Leben einmal vor, dann wird deutlich, dass die Belastungsintensität an Spieltagen sehr hoch, die durchschnittliche Belastung über die Woche jedoch eher als moderat einzustufen ist. Das hat seinen Grund, denn anders als im Büroalltag gelten Belastungssteuerung der Trainingseinheiten sowie die Regeneration zwischen den Einheiten als wichtige Stellhebel, die über die Leistungsfähigkeit des Individuums entscheiden. Um eine optimale Erholung sicherzustellen, leisten sich Spitzensportler Athletiktrainer, die anhand von u.a. Biomakern wie Ruhepuls, Herzratenvariabilität, Laktat, Schlafphasen, usw. die Belastungssteuerung und damit die Füllstand des Belastungsreservoir überwachen.

Beim Büroathleten sind das anders aus. Wie anfangs dargestellt ist es nicht unüblich, dass die Belastung eines Schreibtischtäters in Relation zu seinen Regenerationsmechanismen aus der Balance kommen. In der Praxis zeigt sich das bspw., wenn sich bei ambitionierten Hobbysportler ein durch Übertraining bedingtes Leistungsplateau oder sogar Leistungsabfall im Sport einstellt, obwohl diese nur 2mal in der Woche Sport treiben. Ursache ist die oben erwähnte undifferenzierte Belastungsreservoir des menschlichen Organismus. Soll heißen, wer seine Körner bereits im Job/Beziehung/Alltag verbraucht hat, dem wird es auch schwer fallen, beim Sport Fortschritte zu erzielen. Das Phänomen des Übertrainings kann jedoch auch ohne jegliche sportliche Aktivität sich einstellen. Arbeite man zu viel (zu ineffizent) und vernachlässigt eine entsprechende Regeneration, sodass der Organismus bis zum nächsten Tag nicht komplett erholt an die Arbeit gehen kann, dann ist man auf dem besten Weg seine Leistungsfähigkeit auf Talfahrt zu schicken. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Belastung die Erholung widerholt überschreitet.

Erstes Anzeichen dafür, dass der Büroathlet kein adäquates Regenerationsmanagement betreibt, ist, wenn er das Wochenende benötigt, um sich von der Arbeitswoche zu erholen. Er konnte also werktags keine ausreichende Regeneration für die tatsächliche Belastung realisieren. Diese Kompensation über das Wochenende geht so lange gut, wie die Regenerationsbedarf des Büroathleten aufgeholt werden kann. Kann er dies nicht mehr, weil das Wochenende einfach nicht mehr ausreicht oder es mit Alltagsverpflichtungen oder Freizeitaktivitäten so vollgestopft ist, dass es unzureichend für Regeneration genutzt werden kann, dann sinkt die Leistungsfähigkeit kontinuierlich – und mit ihr meist das Wohlbefinden und zeitlich verzögert der Gesundheitszustand.

Wer also ernsthaft dauerhafte Höchstleistungen im Job, aber auch in der Familie oder Freizeit bringen möchte, der sollte sich vom antiquierten „Work Hard – Play Hard“ verabschieden und sich „Work Hard – Recover Hard“ hinter die Ohren schreiben. Diejenigen, die noch immer nach dem Prinzip „Work Hard – Play Hard“ leben und dafür argumentieren sind in selten Fällen genetische Ausnahmetalente/Freaks, aber fast immer Personen, die ihre individuelle, geminderte Leistungsfähigkeit als Normalzustand erachten bzw. vergessen haben, was sie eigentlich im Stande sind zu leisten.

Wie kann ich adäquat regenerieren?

Ihre Regenerationsmanagement kann sehr individuell sein. Deswegen ist es für Sie als (Büro-) Athlet umso wichtiger die möglichen Stellhebel zu kennen und diese im Eigenversuch zu vertesten. Haben Sie die für Sie passenden Maßnahmen identifiziert, tut sich eine längst vergessene Leistungsfähigkeit bei gesteigerter Entspanntheit und Wohlbefinden auf. Ein zentraler Stellhebel ist die angemessene Qualität und Quantität des Schlafs. Die Quantität und Qualität Ihres Schlafs wird nur zu einem geringen Teil im Bett selbst bestimmt. Vielmehr entscheidet der Tag über die Erholsamkeit Ihrer Nacht. Abhängig von der Art und dem Timing der Nahrungsmittel, die Sie zu sich nehmen, der Wellenlänge des Lichts und der Temperatur, der Sie ausgesetzt sind sowie der Entspanntheit Ihres Geistes wird Ihr Schlaf mehr oder weniger regenerativ ausfallen. Da das Belastungs- sowie Regenerationsmanagement eine Wissenschaft für sich darstellt, bietet Robin Westermann im Rahmen seines entwickelten Konzepts des Potenzial-Hackings schnell und einfach umsetzbare Hilfestellung zur individuellen Verbesserung Ihrer effektiven Regeneration – für kontinuierliche Leistungsfähigkeit bei hohem Wohlbefinden.

In diesem Artikel bekommen Sie einen Eindruck, wie man das individuelle Leistungsniveau erhalten kann. Dies dient als Basis für einen Folgeartikel, in dem Einblicke gegeben werden, wie die Belastungssteuerung nicht nur zum Erhalt, sondern auch zur Steigerung des Leistungsniveaus beiträgt.

(Aus Gründen der Vereinfachung wurde im obigen Text die männliche Form verwendet. Die jeweiligen Begriffe gelten jedoch in der männlichen und weiblichen Form entsprechend.)